Floh - Frauen lesbisch oder homosexuell

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Frauen lesbisch oder homosexuell (1981-1983), Nachfolgeorganisation der HFG

Geschichte

  • Die Floh berichtet in der Emanzipation und der Lesbenfront über das Nationale Lesbentreffen im Oktober 1981 in Oberrickenbach/NW.[1]
  • Am 26. Juni 1982 findet ein Schwulen und Lesbentag in Zürich statt, veranstaltet von der FLOH, HACH (Homosexuella Arbeitsgruppe Schweiz), SOH (Schweizerische Organisation der Homophilen)

Artikel Lesbenfront 1981

Ich sitze im Grass an der Limmat und träume, eine der FLOH-Frauen sässe bei mir und wir könnten gemeinsam überlegen, schwatzen und lachen über unsere Erlebnisse, die wir in der kurzen Zeit, seit es die Floh gibt, hatten. Die Floh existiert also, nicht nur auf dem Papier, ganz real, mit sicher 15 Frauen, die regelmässig an die Sitzungen kommen. Trotz, oder gerade wegen unseres Anspruchs auf Oeffentlichkeitsarbeit.
Ja, die Oeffentlichkeitsarbeit. Ich frage mich, ob mir, immer die entsprechenden Ansprüche im Kopf, uns nicht vielleicht haben überrennen lassen von all den wichtigen Terminen und Anfragen, die zum Teil von aussen an uns herangetragen worden sind.
Ich erinnere mich an unsere erste Sitzung im Mai, gegen 30 Frauen waren wir. (Für wieviele Frauen war der Entschluss ans Treffen zu kommen bereits "Oeffentlichkeitsarbeit"?) An der einen Wand hing ein Papier mit Vorschlägen für Arbeitsgruppen, einige wurden vorgestellt und näher erklärt. Nun sollten wir uns, kaum angekommen, oft ohne den Namen der Frau neben uns zu kennen, ohne die Möglichkeit einer ersten Kontaktnahme, für eine der AG's entschliessen. Während ich versuchte herauszufinden, in welcher Gruppe ich mich würde engagieren wollen/können, realisierte frau plötzlich, dass da Termine sind, die frau als Floh wahrnehmen müsste, und dass die kurzfristig sind. Die Arbeitsgruppen traten in den Hintergrund, wichtig wurden die Termine. Fluqis, die entworfen werden mussten, Transparente, Vorbereitungen. Ja klar, es hat geklappt,wir haben uns eingebracht, die Floh hat als Gruppe funktioniert: an der Gay 81 ebenso wie an der Schwulentagung in Boldern. (Sexual straf (un)recht). Diese Aktivitäten waren gut und wichtig, das ist die eine Sache, fact ist aber auch, dass an der nächsten Sitzung nur noch knapp die Hälfte der Frauen erschienen ist.
Ich verstehe diese Frauen, die nicht mehr gekommen sind. Haben sie doch einen qrossen Schritt getan gegen aussen und wir haben ihn, mindestens scheinbar, nicht wahrgenommen, weil wir andern diesen Schritt schon gemacht haben, er uns mehr oder weniger selbstverständlich ist. Was müssen diese Frauen gespürt haben, wenn sogar ich Wärme vermisst habe, trotzdem ich einige der Floh-Frauen gekannt habe und in einem Umfeld lebe wo meine Entscheidung zwischen Hetero- und Homosexualität nicht viel wichtiger ist als die Entscheidung zwischen Tee und Kaffee zum Morgenessen. Die Wärme, die ich eigentlich nur bei Frauen finde und die für mich lebenswichtig ist. Ich will in der Floh nicht nur eine potentielle Arbeitskraft für die notwendige Oeffentlichkeitsarbeit sein, will mich selber einbringen können, als Mensch, als Frau mit meinen Bedürfnissen, Problemen, Träumen, auch mit meiner Freude, meinen Hoffnungen.
An der Juni-Sitzung haben wir darüber diskutiert. Meiner Meinung nach geht es nicht um die Entscheidung zwischen Kaffeekränzchen und Lesben-Politburo. Es muss einen anderen Weg geben, einen, der unserer Sehnsucht nach Verständnis und Wärme ebenso entgegenkommt wie unserem Anspruch nach Oeffentlichkeit.
Momentan sehe ich unsere Chancen, das zu verwirklichen, nur in den geplanten Arbeitsgruppen. Also, die AG's müssen her, aber subito!
Entsprechende Ansätze sind vorhanden: so hat Brigitt Frauen gefunden, die sieh für "Lesbe und Arbeit" interessieren, für die Lesbenmuttergruppe haben sich ebenfalls vier Frauen gemeldet. Das sind nur zwei mögliche Themen für AG's, je mehr Frauen wir sind, desto mehr können wir angehen.
Natürlich läuft in der Floh nicht alles problemlos - aber wir werden's schon schaffen. Weil immer deutlicher wird, dass Floh nötig ist, gebraucht wird. Von der einzelnen Frau, die mitarbeiten möchte ebenso wie von den vielen Frauen, denen wir mit unserer Arbeit hoffentlich den Weg ein wenig ebnen können.
Dass die Floh nicht nur gebraucht wird, sondern auch eine Lücke schliesst, zeigte sieh bereits: so wurden wir um Artikel für die Frauennummer des hey angegangen und die SOH (Schweiz. Organisation der Homophilen) bat uns um Infos und Mithilfe bei Beratungen.
Noch etwas: Flöhe sind klein, aber zäh, und, wenn nötig, springen sie hoch und weit!
Ursi[2], 

Ausschnitt hey 1981

Also: Wir sind nicht Frauen, die mit Pauken und Trompeten ihre Homosexualität verkünden, sondern solche, die, jede mit ihren Mitteln, an unserer gesellschaftlichen Situation etwas ändern wollen. Damit werden aber auf jeden Fall innerliche Veränderungen verbunden sein. Ich hoffe, dass wir in der 'Floh' eine Atmosphäre schaffen können, in der positive persönliche Entwicklungen ermöglicht und nicht abgeklemmt werden.
Wir alle haben Ängste abzubauen, Verklemmungen zu lösen, Vorurteile zu bekämpfen - und Selbstsicherheit zu gewinnen. Allein ist das wohl unmöglich, aber miteinander können wir es schaffen![3]

Artikel Lesbenfront 1983

(vielleicht) Letzte Floh-Geschichte: Im '79 oder '80 hat die HFG ihre eigenständigen Strukturen aufgegeben. - Leider, für mich damals. Ich wollte nämlich zu dieser Zeit in eine Lesbengruppe gehen, fand es auch unheimlich wichtig, dass es eine gibt, gegen aussen und für mich. Ich traf andere Frauen, denen es ähnlich erging. Wir schrieben für die neue Gruppe, für FLOH, ein Plattformpapier (damit wir ja die politischen Ziele nicht vergessen und nicht in unserem persönlichen Sumpf steckenbleiben). 
Und los gings. - Voller Enthusiasmus suchten wir andere Lesben, die bei FLOH mitmachen wollten, versuchten, an der Oeffentlichkeit von uns hören zu lassen - mit Ständen, an der Schwulendemo, an Bolderntagungen, organisierten ein nationales Lesben-Wochenende, spielten Theater. Die thematischen Arbeitsgruppen lebten eine Zeitlang, versandeten. Wir diskutierten damals v.a. darüber, was wir mit den "Neuen" machen sollten, warum sie kamen und wieder gingen, jedenfalls nicht regelmässig mit-"arbeiteten". Dabei brauchten wir doch neue Frauen - wir wollten kein "Kuchen" werden, der die anderen abschreckt (z.T. waren wir ja selber vom FBB- oder vom ehemaligen HFG Kuchen abgeschreckt worden). 
Die ewigen Diskussionen über die "Neuen", über offene oder geschlossene Gruppen, zeigten uns aber auch, dass wir (spürte ich stark am Wochenende in Bachs) aus unserer Plattform herausgewachsen waren: Einige stellten eine Lesbengruppe an sich in Frage, andere die Oeffentlichkeitsarbeit. 
Tja, und so gibt's im Moment von FLOH (vielleicht) noch das Postfach, zwei/drei Lesegrüppli sind entstanden, vielleicht gibt's wieder mal eine Theatergruppe, alles ganz locker. 
Dabei wollten wir's viel besser machen - wir wollten keine geschlossene Gruppe sein, wir wollten für alle Lesben offen sein, wir wollten mindestens punktuell mit den Schwulen zusammen arbeiten (davon hab ich im Moment auch die Nase voll), wir wollten eine konstante Gruppe aufbauen. Nicht mal Projekte wie die Homex oder die Lesbenfront sind aus der FLOH entstanden. Anderthalb Jahre für nichts? - In guten Momenten denke ich, dass doch etwas entstanden ist. Ich gehe jetzt mehr ins FZ. Bea St.[4]

Bilder

Einzelnachweise

  1. FLOH. Lesbentreffen. In: Emanzipation, 1/1982, S. 8. Online Verfügbar auf e-periodica, zuletzt aufgerufen am 2.1.2023.
  2. Floh. In: Lesbenfront, 12/1982, S. 19. Online verfügbar auf e-periodica, zuletzt aufgerufen am 2.1.2023. (Erschienen auch in der hey, 1981)
  3. "Lesben organisieren sich in der FLOH. In: hey, 1981. Online als pdf verfügbar. Zusatzseite Bolderntagung 1981. Eindrücke einer Lesbe. In: hey, 1981. Als pdf verfügbar.
  4. St. Bea. (Vielleicht) Letzte Floh-Geschichte. In: Lesbenfront, 16/1983, S. 16. Online verfügbar auf e-periodica, zuletzt aufgerufen am 2.1.2023